Kreistag: Haushaltsrede 2020

Haushaltsrede der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen von Ruth Cremer-Ricken (Fraktionsvorsitzende), gehalten am 11.12.2019

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

vor uns liegt ein Haushaltsentwurf, der deutlich von dem eingebrachten Entwurf der Verwaltung abweicht. Der eingebrachte Haushaltsentwurf ging von einem Hebesatz von 31,20 aus. Mit Berücksichtigung der Verbesserungen bei den Zuweisungen lag der Kompromissvorschlag der Verwaltung bei 30,40. Ein gemeinsamer Antrag von CDU, FW und SPD forderte jedoch eine weitere Absenkung auf 29,60. Um dieses zu erreichen wurden Einsparungen und Sperrvermerke von je 2 Mio. Euro gefordert, jedoch ohne zu benennen, wo diese Sperrvermerke vorgenommen werden sollen. Geleitet war der Antrag von dem Gedanken der Senkung der Kreisumlage, weniger von Aufgabenkritik.

Mussten 2012 noch gut 1,123 Mio. Euro allein für Zinsen aufgebracht werden, sind es im Planansatz 2020 nur noch 330.000 Euro, also knappe 30% von denen von vor 8 Jahren. Dennoch gibt es keine Anstrengungen die Verschuldung des Kreises zu reduzieren, im Gegenteil, der Schuldenstand wird weiter erhöht und somit die Lasten in die Zukunft verlagert.
Ich erlaube mir einen Rückblick:

„Wir sind durchaus der Auffassung, dass die Schuldentilgung ein zentrales Thema der nächsten Jahre bleiben wird.“

Roland Baumgartner HH-Rede 2008.

Dieser Ansatz war nicht von langer Dauer, wie sie sehen.

Wir Kreisräte sind dem Kreis verpflichtet, nicht einzelner Gemeinden. Dennoch erfordert der Umgang in der kommunalen Familie eine gegenseitige Achtung der anstehenden Aufgaben. Dem entsprechend habe ich einen Blick in die Gemeinden geworfen. Hier ein paar Eindrücke:

  • Gemeinde a: Der neue Haushalt bringt keine Überraschungen, viele Projekte seien eine Folge der bereits gefassten Beschlüsse. Risiken seien nicht zu erwarten, auch keine großen Einnahmeausfälle, aber auch nicht mehr Einnahmen.
  • Gemeinde b: „Trotz allem wird am dynamischen Wachstumskurs, der die Gemeinde in den ergangenen Jahren ausgezeichnet hat, festgehalten.“ „… da wir den HH gewohnt vorsichtig kalkulieren, könnte am Ende eine schwarze Null stehen.“ Selbst für das Freibad für eine neue und längere Wasserrutsche ist noch genügend Geld übrig. In Anerkennung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit, werden die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ab der kommenden Saison das Freibad kostenlos besuchen dürfen.
  • Gemeinde c: Nur weil die Gemeinde so gute Einnahmen hatte und die Steuerkraftsumme von 2017 auf 2018 so stark gestiegen ist, steigt die Kreisumlagezahlung bei gleichbleibendem Hebesatz von 28,85 um 1,065 Mio. €.
  • Gemeinde d: Seit Jahren finanziert die Gemeinde Planungskosten und Kosten für Scopingunterlagen für einen privaten Vorhabensträger.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit Verlaub, eine richtige Zwangslage können wir hier nicht erkennen. Wir sehen die drastische Eindampfung der Kreisumlage auf das jetzt zu beschließende Niveau mit einem Hebesatz von 29,80 für nicht begründbar.

Um das Ziel des niedrigen Hebesatzes zu erreichen, steckt in dieser HH-Vorlage viel von „wünsch dir was“. Nicht zu beeinflussende Grunderwerbssteueransätze werden nach oben geglaubt, der Verlustausgleich der Klinikum Hochrhein GmbH nach unten gedimmt, ebenso die Transferaufwendungen im Teilhaushalt 4.

Um das gewünschte Ziel zu erreichen versieht man die Ausgaben mit Sperrvermerken, wohlwissend, dass die geraden beschriebenen Annahmen schwerstens zu realisieren sind und die Maßnahmen somit ziemlich sicher in die nächsten Jahre verschoben werden.

Da von allen Seiten das Hohelied auf Bildung gesungen wird, mag keiner in diesem Bereich öffentlich sagen wofür man keine Finanzmittel mehr zur Verfügung stellen möchte. Man bedient sich eines Tricks der da heißt „Sperrvermerk“. Damit kann jeder sagen, die Maßnahmen für die Akustikdecken an der Kaufmännischen Schule Bad Säckingen sind ebenso Bestandteil des Haushaltes wie auch die Beschallungs- und Medientechnik für die Aula der Justus von Liebigschule Waldshut und dem Projekt 4.0. Aber richtig muss es heißen: „Wir haben es drin, aber man muss es nicht tun. Das machen wir nur, wenn es noch unerwartete Geldflüsse gibt.“

Ich komme nun zur Großwetterlage und dem Klimawandel:

Der Landkreis Waldshut erlebt seit einigen Jahren massive Veränderungen. Das Wetter wird zusehends Borkenkäfer freundlicher, die Verluste in der Waldwirtschaft sind gravierend. Stürme wie Lothar und Wiebke haben ihre Wirkung gezeigt. Auch Starkregen mit Hangrutschen haben wir vermehrt kennen lernen müssen.

Was sagen unsere Bundestagsabgeordneten, Kreistagskollegin und Kollege, die den gemeinsamen Antrag der Fraktionen mit seinen Kürzungen unterstützen, jedoch durch die öffentlichen Debatten im Bundestag einen Richtungswechsel herbeiführen sollten? Ein Blick auf ihre Homepages gibt einen Eindruck:

Frau Schwarzelühr-Sutter:

„Das wichtige Thema Klimaschutz steht mit Fridays for future mehr denn je in der Öffentlichkeit. Dass die Menschen dieses Thema bewegt, hat sich auch in der intensiven Diskussion in Waldshut gezeigt. Dieses Momentum wollen und müssen wir nutzen.“

Website von Rita Schwarzelühr-Sutter, Link

Herr Felix Schreiner:

„Der Verkehrssektor ist in der Bringschuld“

Website von Felix Schreiner, Link

Zum Allgemeinwissen zählt, dass wir, wollen wir uns in Richtung des Pariser Klimaabkommens bewegen, den privaten Individualverkehr so nicht weiter aufrechterhalten dürfen. Das Gutachten des Bundesumweltministeriums, welches gerade veröffentlicht wurde, den Regierungsparteien im Bund jedoch schon zur Beratung des Klimaabkommens vorlag, zeigt unmissverständlich die Richtung, die einzuschlagen ist.

Und was macht dieser Kreistag? Er hat nichts Besseres zu tun, als Sperrvermerke beim Radwegeausbau und der weiteren Ansparung zur Hochrheinelektrifizierung zu fordern und zu beschließen.

Wir benötigen mehr ÖPNV und mehr Radwege und mehr Verknüpfungen verschiedener Verkehrsträger. Heute am Radwegekonzept und seiner Umsetzung den Rotstift in Form des Sperrvermerkes anzulegen bedeutet, man gibt in die Bevölkerung das Signal: „wir haben die notwendigen CO2-Einsparungen nicht erkannt und setzen auf ein weiter so.“ – Zum Glück sind die Verträge zur Hochrheinelektrifizierung unter Dach und Fach, denn auch hier werden die Ansparungen um 1,25 Mio. € reduziert und die Bereitstellung in die Zukunft verschoben.

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dieser HH ist nicht zufriedenstellen, dieser HH ist bedrückend. Wir verschieben Aufgaben in die Zukunft, und bauen gleichzeitig den Schuldenberg weiter auf, obwohl wir vor noch ein paar Jahren genau das Gegenteil bekundet haben.

Dieser HH, basierend auf dem Antrag von CDU, FW und SPD erinnert an Konrad Adenauer, der gerne zitiert wird mit dem Ausspruch: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“. – Aber, es folgte ein weiterer Halbsatz „… nichts hindert mich, weiser zu werden“. Und genau das vermissen wir in Ihrem Antrag!

Eine Reduzierung der Kreisumlage mit einem Hebesatz von 31,20 auf 30,40, wie von der Verwaltung zunächst vorgeschlagen, hätte unsere Zustimmung bekommen, aber einen Hebesatz von 29,80 halten wir für nicht vertretbar. Daher wird die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen diesem jetzt vorliegenden Entwurf nicht zustimmen.

Herr Landrat, wir danken für die Ruhe und Geduld, die Sie seit Einbringung des Haushaltes bewahrt haben.

Ich bedanke mich im Namen der Fraktion für die gute, auch grafisch gute Ausarbeitung der Vorlagen zur Haushaltsberatung bei Herrn Hajden und Team. Unser Dank gilt, stellvertretend für alle Mitarbeiter des Hauses, Frau Gantzer, Frau Schäfer und Frau Rebmann die uns stets freundlich begegnen.

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