Haushaltsrede im Gemeinderat Bad Säckingen

 Von Ruth Cremer-Ricken, 17.01.2022 – Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Guhl,
sehr geehrte Frau Huber,
sehr geehrte Frau Deutsch,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herrn,

die heute zu verabschiedenden Haushalte für 2022 und 2023 haben ein Volumen von rund 52 Mio. Euro und 50 Mio. Euro. Der Schuldenstand der Stadt liegt bei knapp 26 Mio. Euro. Hinzu kommen Bürgschaften für unsere GmbHs von rund 6 Mio. Euro. Dass Bürgschaften auch gezogen werden können, wissen wir aus leidvoller Erfahrung. Ihr Vorgänger, Herr Bürgermeister Guhl, und der damalige Gemeinderat hatte schwer damit zu kämpfen, die Stadt vor einer Zwangsverwaltung zu bewahren. Diese Erfahrungen prägen unsere sowie die CDU-Fraktion. Vor uns liegen große Aufgaben, allen voran der Aufbau der neuen städtischen GmbHs Campus und MVZ sowie die Sicherung von Reha und Stadtwerken.

Beim Campus und dem MVZ sind wir zuversichtlich, dass diese zum Erfolg geführt werden können, schließen aber gleichzeitig eine mögliche vorübergehende weitere Unterstützung durch die Stadt nicht aus. Das gleiche gilt für die Reha, da diese GmbH durch die Coronakrise und die damit verbundenen ausbleibenden OPs mit folgender Rehabehandlung leidet. Das ist bei viele Reha-Kliniken im Land ebenso.

Von den Stadtwerken waren wir dank sehr guter Ausschüttung an die Stadt jahrelang verwöhnt. Die Kehrseite ist, dass wir die Eigenkapitalquote stark nach unten gedrückt haben. In den nächsten Jahren werden die Gelder bei den Stadtwerken bleiben müssen, zum einen um die Eigenkapitalquote zu stärken, zum anderen, um wichtige Investitionen nicht abzuwürgen.

Gleichzeitig befinden wir uns mitten in städtebaulichen großen Umgestaltungsprojekten beim Campus und der Innenstadt rund ums Marienhaus. Und wie die jüngste Vergangenheit zeigt, brauchen wir auch finanzielle Beinfreiheit um Unvorhergesehenes bewältigen zu können. Die könnten wir eventuell früher brauchen als uns recht ist.

In diesem Sinn sehen wir auch den Vorschlag der Verwaltung sehr skeptisch, in Jahr 2024 für 17,8 Mio. Euro neue Kredite aufzunehmen. Zum Glück ist ein Plan eben nur ein Plan und keine Verpflichtung!

 

Ich komme zu einzelnen Projekten:

Der Neubau vom Feuerwehrhaus und Bauhof in Wallbach wurde uns mit dem Argument der Synergien vorgeschlagen. Im Protokoll des Technischen Ausschusses vom 7. Oktober 2021 ist nachzulesen: “Technischer Dienst-Leiter Strittmatter erklärt, dass die Zusammenlegung mit der Feuerwehr mehr Synergien bringe. Die gemeinsame Nutzung erstreckt sich auf Schulungsräume, den gesamten Sanitärtrakt, die Werkstatt, den Waschplatz sowie die Verwaltungsräume.“ In der letzten Sitzung erklärte hingegen Feuerwehrkommandant Förster, dass solche synergetische Nutzung förderschädlich sei. Später erfuhr ich auf Nachfrage, dass es in der Verwaltung eine verwaltungsinterne Umplanung gegeben hätte. Wir fordern die Verwaltung auf, den Gemeinderat über die Umplanung zu Infomieren. Es ergeben sich folgende Fragen:

  1. Wie hoch sind die Verluste, setzt man die Planungen wie bisher um und verzichtet auf einen Teil der Förderung?
  2. Welche Einsparungen ergeben sich über die Jahre durch die Synergien bei Reinigung, Instandhaltung und weiterem?
  3. Sollten die beiden Gebäude unabhängig voneinander erstellt werden, müsste man noch einmal über den Standort des Bauhofes nachdenken. Ein großer Nachteil der vorliegenden Planung ist, dass der Leiter des Technischen Dienstes Chef zweier ganz unterschiedlicher Betriebe wie Bauhof und Stadtgärtnerei ist, die zudem auch noch in entfernten Teilen der Stadt angesiedelt sind.

Für die Industriestraße in Wallbach sind Planungmittel eingestellt. Um die Straße nachfragegerecht zu planen, bedarf es einer Vorstellung, welche Betriebe dort angesiedelt werden sollen. Gibt es schon Interessenten? Dann wäre es gut, wenn der Gemeinderat entsprechend informiert wird. Immerhin handelt es sich um die beiden Flächen Stockacker und Wolfsacker von insgesamt 7,61 ha. Den Gettnauer Boden halten wir für ein gewerbliches Filetstück. Gerade wegen der Nähe zum Schweizer Sisseler Feld bieten sich diese 4,25 ha Fläche als Ergänzung und somit als Standort innerhalb der EU an. Auch die Nähe zu den beiden Bahnhöfen in Bad Säckingen und Stein ist ein gutes Angebot für viele Mitarbeiter, die aus einem weiteren Umfeld gewonnen werden müssen. Die Bemühungen sollten darauf hinzielen, einen größeren, leistungsstarken Betrieb anzusiedeln, der auch gute Gewerbesteuereinnahme für die Stadt verspricht.

Viele Mischgebiete oder Urbane Mischgebiete sind noch ungenutzt. Freie Flächen müssen neben Wohneinheiten auch mit Gewerbebetrieben gefüllt werden. Beispielhaft nenne ich das Brennet-Areal, Bei den Stadtwerken, Innere Wegäcker (Volksbank) und dem städtebaulich zu entwickelndem Bereich um Bahnhof und Marienhaus. An diesem Ziel sollte die Stadt intensiv arbeiten.

Bei allen Bemühungen darf das Märkte- und Zentrumskonzept (s. BBE-Gutachten) nicht aus dem Blick verloren werden. Die Einhaltung ist zum Schutz der Altstadt mit seinen Geschäften wichtig, eine Aufweichung nicht erwünscht.

Die Umnutzung vom Hallwyler Hof und dem Dietzhaus, ein Wunschprojekt von Bürgermeister, AWO und AwoCaDo, sehen wir kritisch. Das Konzept der AwoCaDo geht von einer städtischen Bürgschaft von bis zu 1,5 Mio. Euro allein für den Hallwyler Hof aus. Allein die Aufgaben der Stadt, der hohe Schuldenstand und die Bürgschaften lassen Bürgschaften für private Unternehmungen nicht zu.

Die große Koalition aus CDU und SPD hat noch 2021 den Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern ab 2026 beschlossen. Es gibt jedoch noch überhaupt keine Vorstellungen, wie dieser Rechtsanspruch gewährleistet werden kann, denn die Finanzierungsfrage wurde der Einfachheit halber ausgeblendet.

 

Welche Aufgaben stellen sich für die Stadt unabhängig von einzelnen Haushaltsposten?

Die Klimaziele erfordern die Nutzung erneuerbarer Energien. Dies gilt sowohl für Strom wie auch für Wärme. Die Entscheidung für erneuerbare Energieträger sollte in allen Häusern möglich sein, so auch in der Altstadt. Es darf nicht sein, dass es außer dem Austausch der Öltanks nur extrem teure und zudem noch unsichere Lösungsansätze gibt. Hier ist die Stadt gefordert, entsprechende Planungen vorzunehmen und Lösungswege aufzuzeigen. Das ist nicht einfach aber notwendig. Hier erwarten wir in absehbarer Zeit klare Antworten. Der Denkmalschutz ist hier zu Kompromissen aufgefordert. Immerhin hat man sich ja auch schon lange von den alten Kohleschütten verabschiedet.

Die Stadt schmückt sich mit dem Label „Fahrradfreundliche Stadt“. Mit dem Aufstellen von Fahrradboxen und dem Angebot von E-Bikes ist es nicht getan. Wir brauchen gute und für die Alltagswege taugliche Verkehrsführungen. Der Neubau des Fahrradweges bei der Güterstraße entlang der Bahnlinie ist erfreulich und macht den Schulweg vom Scheffelgymnasium in Richtung Obersäckingen sicherer. Ungelöst ist weiterhin die Wegführung in Ost-West-Richtung an der Kreuzung B34/Dürerstraße, Jurastraße.

Insgesamt wird dem nichtmotorisierten Individualverkehr viel zu wenig Aufmerksamkeit zuteil. Ich erinnere an die erste Klausurtagung mit Ihnen, Herr Guhl als Bürgermeister, wo wir dem Thema noch einen breiteren Raum gegeben hatten. Das Mobilitätskonzept liegt leider genauso ungenutzt in der Schublade wie auch das Ergebnis vom Fußverkehrscheck. Dabei findet man in beiden viele nützliche Hinweise für eine gute Verkehrsgestaltung für die nicht kleine Gruppe der Nichtautofahrer. Es lohnt sich, die umfangreichen Expertisen mal wieder zu lesen.

Eine A 98 wird auch nach den Verkehrszahlen der DEGES die B 34 nicht entlasten. Auch wird es sie noch lange nicht geben. Die DEGES wird entweder eine neue Linienführung suchen müssen oder aber den Betrieb Rota Yokogawa umsiedeln müssen. Erst auf aktive Nachfrage des Geschäftsführers, Herrn Schramm, wurde diesem mitgeteilt und anhand einer Darstellung aufgezeigt, dass geplant ist, einen Teil des Firmengebäudes abzureißen. Es ist nicht vorstellbar, dass der Betrieb mit hochsensibler und komplexer Technik unter diesen Umständen an dem Standort weiter existieren kann. Ein neuer Standort wird dann gesucht und der Betrieb umgesiedelt werden müssen. Lärmminderung wird es daher für die Anwohner der B 34 nur geben, wenn der Vorschlag vom Lärmaktionsplan Tempo 30 umgesetzt wird und gleichzeitig über intelligente Angebote des nicht motorisierten Individualverkehrs nachgedacht und diese dann auch umgesetzt werden.

 

Nun komme ich zur wichtigen Frage des heutigen Tages:

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt dem jetzt vorliegenden Haushalt zu. Ebenfalls stimmen wir dem Haushalt des Eigenbetriebs Abwasser sowie den Wirtschaftsplänen der GmbHs zu.

 

Zum Abschluss sei mir noch ein Hinweis für kommende Haushaltsberatung gestattet. Sinnvoll ist es – und so auch Land auf, Land ab praktiziert – den Haushalt als ganzes Werk einzubringen nachdem der Gemeinderat ausreichend über Zuweisungen und andere Zahlungsströme informiert wurde. Erst danach erfolgen die entsprechenden vorberatenden Ausschusssitzungen, deren Termine in der Jahresplanung mitberücksichtigt werden und den Gremienmitgliedern genug Zeit für anstehende Fraktionssitzungen einräumt. Dieses Mal war die Reihenfolge die verkehrte.

Ich bedanke mich bei der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit. Besonders erwähnen möchte ich Frau Deutsch auch für den rechtzeitigen Vorbericht und Frau Huber für die stets paraten Haushaltszahlen. Dank gilt auch, inzwischen Ruheständler Herrn Lau, der mir stets bei Nachfragen zu Protokollen, Sitzungsvorlagen oder anderem die entsprechenden Unterlagen schnell und freundlich zukommen ließ.

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!