(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte, sehr geehrter Herr Landrat, Gedanken Ihrer Haushaltsrede aufgreifen. Sie beziehen sich
dort auf den Vortrag von Hartmut Rosa in St. Blasien. Mein Blick geht zum Aufsatz von Hartmut Rosa
mit dem Titel ´Heimat im Zeitalter der Globalisierung´. Heimat ist nach seinen Ausführungen etwas
Bekannte, Vertrautes, mit Beziehungen und Gefühlen verbundenes. In seinem Aufsatz beschreibt er
auch die Beziehungen zu Dingen wie z.B. seinen ersten Computer, dem er noch einen Namen gab.
Heute sind dies recht kurzlebige Produkte, die, kaum hat man sich an ein System gewöhnt, schon
wieder veraltet sind. So wird ein Handy inzwischen zu einem Wegwerfprodukt.
Der Soziologe Harald Welzer beschreibt in seinem Buch „Zeitenende“ u. a. die Technisierung von
Begegnungen. Wer kennt es nicht, wenn bei Anrufen bei Institutionen statt einer Person sich ein
Endlosband meldet, welches einen auffordert, je nach Anliegen eine 1,2,3 oder 7 zu drücken. Erst
danach wird man nach längerer schwer erträglicher Dudelmusik mit einem nächsten freien
Mitarbeiter verbunden. Es kann auch passieren, dass man nach längerem Warten ganz aus der
Leitung fällt. Durch so eine Technisierung wird das In-Beziehung-treten zur Institution und Ihren
Menschen erschwert.
Ich erwähne dies, weil auch der Kreis und das Landratsamt mit der Digitalisierung voranschreitet. Für
viele Prozesse bedeutet die Digitalisierung eine Erleichterung der Abläufe. Aber man darf die
Begegnungen nicht vergessen. Das Amt darf nicht nur technisch werden, es muss auch menschlich
bleiben. Der Verlust von Begegnung macht einsam und Einsamkeit macht krank.
Wir erleben eine Zeit der Umbrüche und der Polykrisen. Aus dem Krieg im Nahen Osten kann eine
hochgefährliche Dynamik erwachsen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist auch eine Bedrohung
Europas. Kriege zwischen europäischen Staaten hat es seit mehr als siebzig Jahren nicht mehr
gegeben.
Die Klimakrise und der hohe Verlust an Biodiversität und Artenvielfalt bedroht unser Leben.
Trockenheit, Kalamitäten, Überschwemmungen in für uns nicht gekanntem Ausmaß können uns
jederzeit treffen. Bei der Aufgabe diesem entgegen zu wirken ist jeder und jede wie auch der
Landkreis und die Gemeinden gefordert.
Neben der Erzeugung klimaneutraler Energie und Wärme ist auch ein sparsamer Umgang damit
wichtig. Bei der Gebäudeunterhaltung muss der Fokus auf der Reduzierung des Wärmeverlustes
liegen. Die Investitionen in Solaranlagen auf kreiseigenen Gebäuden weisen in die richtige Richtung.
Mehr zulegen kann der Kreis beim Erhalt der Biodiversität und dem Artenschutz.
Zurzeit tagt die Klimakonferenz in Dubai. Bekommt die Weltgemeinschaft die Erderwärmung und den
Erhalt der Biodiversität nicht geregelt, werden neue Flüchtlinge kommen, deren Land aufgrund der
Klimaveränderung unbewohnbar wird. Aber auch wir werden mit immer häufiger auftretenden
Katastrophen wie beispielsweise im Ahrtal rechnen müssen.
Die Unterbringung der Flüchtlinge ist eine große Herausforderung für jeden Kreis. Die hohen
Sozialkosten, die sich in unserem Haushalt widerspiegeln, sind aber nur zu einem Teil dieser Gruppe
von Hilfesuchenden zuzuordnen. Wir werden auch in Zukunft mit immer weiter steigenden
Sozialkosten rechnen müssen. Ein Blick auf die sich ändernden Strukturen im demografischen Aufbau
unserer Gesellschaft zeigt: Die Bevölkerungspyramide nähert sich zunehmend der Urnenform. Immer
mehr ältere Menschen benötigen Hilfe. Dies schlägt sich auch im vorliegenden Haushalt nieder. Es
reicht ein Blick auf die um 15% gestiegenen Kosten im Bereich ´Hilfe zur Pflege´ und ´Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung´. Ferner muss der Verlustausgleich für das Krankenhaus um 2
Mio. € auf 7,2 Mio. € erhöht werden. Einzuplanen sind auch weiter steigende Mittel für den Neubau
des Klinikums, im kommenden Jahr schon rund 650.000 €.
Mit Ende des Krieges in der Ukraine werden die hier schutzsuchenden Menschen wieder in ihr
Heimatland zurückkehren, was den Sozialhaushalt entlastet. Die Gruppe der Alten und
Hilfsbedürftigen hingegen werden aber kontinuierlich steigen. Spätestens nach dem Abschlussbericht
2002 der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Demographischer Wandel“ war dies für
alle ersichtlich. Die Konsequenz des Berichts, den gesteuertem Zuzug von Arbeitskräften zu
organisieren, wurde nicht angegangen, obwohl Deutschland ein Einwanderungsland ist. Nun suchen
wir überall händeringend Fachkräfte in vielen Bereichen.
Hier macht sich der Mangel an Kinderbetreuung deutlich. Keine oder nur sehr eingeschränkte
Kinderbetreuung bedeutet, dass ihre Eltern ihren erlernten Beruf nicht oder nur eingeschränkt
ausüben können. Das betrifft Lehrer ebenso wie Pflegekräfte, Ärzte oder Personal in den
Verwaltungen, auch Industrie und Gewerbe klagen über zu wenig Fachkräfte. Aufgrund des
Fachkräftemangels hatte die Verwaltung schon vor der Haushaltseinbringung 1,2 Mio. €
Personalkosten weniger vorgesehen als nach dem Stellenplan erforderlich ist. Es wird davon
ausgegangen, dass die benötigten Stellen nicht alle besetzt werden können.
Auf der Einnahmenseite schlagen sich die stark gesunkenen Grunderwerbssteuern nieder, deren
Ansatz von 12 Mio. € auf 6 Mio. € reduziert wurde, also ein Minderertrag von 6 Mio. € gegenüber
dem Haushalt 2023.
Alles in allem sah der eingebrachte Haushalt ein Kreisumlageaufkommen von 92,4 Mio. € vor, was
einem Hebesatz von 32,4 Punkten entsprach. Gegenüber diesem Ansatz fehlen nach neuen
Berechnungen der Steuerkraftsumme 2 Mio. €, sollte der Hebesatz unverändert bleiben, andernfalls
läge er bei 33,12.
Dem Beschluss heute liegt der Entwurf mit einem Hebesatz von 32,7 vor, so dass die Verwaltung
weitere 1,2 Mio. € einsparen muss. Erreicht werden soll dies über eine Bewirtschaftungssperre von
10% über alle Bereiche. Wir betrachten dies als Experiment, ob diese Zielgröße zu erreichen ist wird
sich zeigen.
Gleichzeitig wird hiermit aber auch klar, dass auch in Kreiszuständigkeit nicht alles bedient werden
kann was gewünscht wird. Es wird eine Aufgabe ab kommenden Jahres sein, sich von liebgewonnen
Dingen oder Wünschen zu verabschieden. So fragen wir, braucht es wirklich die zumal
umweltschädliche Einbetonierung der Leitpfosten, nur um das Mähen bequemer zu haben? Oder
können wir z.B. auf das Kreisjahrbuch verzichten, welches mit 25.000 € im Haushalt veranschlagt ist
und sich nicht über den Verkauf refinanziert? Diese Diskussionen müssen wir führen auch wenn es
sich teilweise nur um kleinere Beträge handelt. Letztlich macht es die Summe aller Maßnahmen.
Wir werden dem Haushalt und den vorliegenden Wirtschaftsplänen, so wie heute vorgelegt,
zustimmen, wohlwissend, dass er einige Unsicherheiten beinhaltet.
Der Verwaltung und Ihnen, Herr Landrat Dr. Kistler, danken wir für den großen und fordernden
Einsatz auch in diesem Jahr. Herrn Hajden und Herrn Appelhans sagen wir Dank für die gut
vorbereiteten Haushaltsberatungen.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landratsamt danken wir für die geleistete Arbeit.
Allen wünschen wir frohe und entspannte Festtage und hoffen auf ein gesundes Wiedersehen im
neuen Jahr.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!